BFV-Newsletter 10/2011

connexx.av und der BundesFilmVerband (BFV) in ver.di wollen mit diesem monatlichen Newsletter für bessere Information und Transparenz bei den Beschäftigten der Produktionswirtschaft von Film- und Fernsehen sorgen. Insbesondere sollen hier film- und sozialpolitische Themen aufgegriffen werden. Der BFV bildet das gewerkschaftliche Netzwerk von Film- und Kulturschaffenden sowie allen anderen an der Film- und Fernsehproduktion beteiligten Beschäftigten. Er tritt für Kunstfreiheit und gerechte Arbeitsbedingungen ein. Als vorrangiges Ziel strebt er eine integrierte Interessenvertretung dieser Filmberufe in der zergliederten Branche gegenüber Sendern, Produzenten und der Politik an:
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Inhalt

  1. „6 statt 12“ - Soziale Absicherung
  2. Mehr Gage mit € 50.- als Sockelbetrag und 3,5% gilt als Kernforderung!
  3. Kinderfilm GmbH ...dreht durch! Desaster bei Arbeitszeiten und Ruhezeiten - Gewerbeaufsicht und Polizei am Set von ZDF-Produktion „Sechs Schwäne“
  4. Insolvent – und doch wieder beim Film
  5. Neue Sektion „Dokumentation“ bei der Produzentenallianz gegründet
  6. Endlich eine Erfolgsmeldung: Der MDR hat eine neue Intendantin
  7. Meldungen
  8. Impressum / Abo


1. „6 statt 12“ - Die Soziale Absicherung von Film- und Fernsehschaffende muss weiter verbessert werden! - Dies belegt die Auswertung der BFV-Umfrage.

„Haben Sie in den vergangenen zwei Jahren Arbeitslosengeld I (ALG I) nach der bis Ende Juli 2009 geltenden Regelung bezogen?“ „Welchen Anspruch auf ALG I nach der bis Ende Juli 2009 geltenden Regelung haben Sie erworben?“ oder „haben Sie Anspruch auf ALG I nach der ergänzenden Regelung ab August 2009 erworben?“ „Hat die tarifliche Zeitkontenregelung dazu beigetragen, dass Sie den Anspruch erworben haben?“ Diese und einige Fragen mehr waren Teil der Umfrage des ‚BundesFilmVerbandes in ver.di‘ (BFV), die Film- und Fernsehschaffende im Zeitraum von Januar bis Mai beantworten konnten. Der Fragebogen diente dem Ziel, herauszufinden, was genau an der Regelung zum ALG I für Film- und Fernsehschaffende zu ändern sei. Denn dass etwas geändert werden müsse, war allen Beteiligten und Betroffenen schon länger klar. Am 7.11. hat die Forschungsgruppe BEMA die Ergebnisse der Umfrage den Gewerkschaftern vom BFV in Berlin vorgestellt. Eine Tendenz ist bereits jetzt abzusehen: alle Befürchtungen seitens der BFV-Vertretung sind deutlich bestätigt worden.

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2. Tarifforderung bleibt: € 50.- als Sockelerhöhung und 3,5% linear!

Die Tarifverhandlung für Film- und Fernsehschaffende ist am 25. Oktober in die zweite Runde gegangen. Auf die Tarifforderungen von ver.di, nach denen die Wochengagen um einen Sockelbetrag von 50 € und 3,5 % für auf Produktionsdauer beschäftigte Filmschaffende möglichst bald steigen sollen, gab es keine befriedigenden Angebote seitens der Produzentenallianz. Zudem beharren die Produzenten darauf, dass eine erste Tariferhöhung frühestens ab Juli 2012 wirksam werden dürfe. Auch nach dem Entgegenkommen der Gewerkschafter, über eine Gesamtlaufzeit von 24 Monaten für den Gagen- und Manteltarifvertrag zu verhandeln, wenn bereits ab Beginn des Jahres 2013 in sogenannten Tarifpflege-Gesprächen über nötige Änderungen am Tarifwerk gesprochen werden wird, hat die Arbeitgeber-Seite dennoch kein Angebot zu einer Gesamterhöhung der Gagen über diese Laufzeit genannt. Daraufhin wurde unterbrochen und als dritter Verhandlungstermin der 21. November festgehalten. Die Filmgewerkschafter in den Regionalvorständen diskutieren bereits mögliche Aktivitäten am Set und in der Öffentlichkeit.

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3. Kinderfilm GmbH ...dreht durch! Desaster bei Arbeitszeiten und Ruhezeiten - Gewerbeaufsicht und Polizei am Set von ZDF-Produktion „Sechs Schwäne“

15, 16, 17 Stunden Arbeitszeit pro Tag und 8, 7, 6 Stunden Ruhezeit sprechen eine eindeutige Sprache! Geplant wird auf der ganzen Linie, wie es scheint: Zwar wurde die Drehgenehmigung für den Feiertag am 31.10. gerade noch eingeholt, die Kinderarbeit beim zuständigen Gewerbeaufsichtsamt in Halle aber schon nicht mehr gemeldet, wie die Behörde mitteilte. Schwamm drüber, schließlich macht man erfolgreiche Produktionen - preisgekrönt und in einer strukturschwachen Region. Da lässt man auch gerne die Kinder über die zulässigen drei Stunden pro Tag hinaus arbeiten - teilweise das Doppelte und mehr standen die Kinder am Set zur Verfügung! Na, da wo Kinderfilm drauf steht, ist eben auch Kinderarbeit drin. Nicht das diese kleinen Ausrutscher nur an einzelnen Tagen aufgetreten sind, nein, die Arbeitszeitüberschreitungen und Ruhezeitunterschreitungen sind vielmehr auf der ganzen Linie über alle Gewerke verteilt an der Tagesordnung - eben geplant. Die Produktion gibt es ja auch schon ein bisschen länger, da weiß man ziemlich genau was man tut. Man weiß zum Beispiel, dass man nicht in der Produzentenallianz Mitglied ist (zumindest liegt der Gewerkschaft hier keine Namensnennung der Produktion vor) und damit die gesetzlichen Arbeitszeiten gelten. Sprich: nach 10 Stunden ist Schluss - sollte Schluss sein. Aber wer schon mit 10 Stunden Drehzeit plant, der kann halt die gesetzlich zulässigen Arbeitszeiten auch nicht einhalten, wie auch! Und das seit nunmehr drei Wochen. „Wir werden die Angelegenheit an unterschiedlichen Stellen publik machen und vortragen, denn diese Produktionsbedingungen sind umgehend einzustellen, weil sie mit der Gesundheit unserer Kollegen bezahlt wird. Dies muss den Produktionen, auftraggebenden Sendern, Filmförderungen und vor allem den zuständigen Behörden wie Polizei und Gewerbeaufsicht klar sein“, kommentiert der BFV-Vorstand von ver.di die Situation. Nachdem die Kontrolle der Polizei keinen Erfolg brachte, da die Produktionsfirma fröhlich weiter arbeiten ließ, gelang es der Gewerbeaufsicht zumindest dafür zu sorgen, dass die Kollegen etwas mehr Ruhezeit bekommen. Ein kleiner, erster Schritt! …aber die Ermittlungen dauern an - und es kann eigentlich nur besser werden!


4. Insolvent – und doch wieder beim Film

Das Szenario ist so alt wie ungerecht: Eine Produktionsfirma geht in die Insolvenz, da die Gesellschafter der GmbH nicht persönlich haften, können sie so ein paar Wochen später - manchmal sogar unter dem gleichen Firmennamen - wieder Filme produzieren, als ob nie etwas gewesen wäre. Oft sind es die freiberuflichen Filmschaffenden, die in solchen Szenarien den Schaden davontragen, bleiben sie doch regelmäßig auf ihren Honorarforderungen an die insolvente GmbH sitzen. Denn im Ranking der Schuldner stehen die Filmschaffenden oft auf den hinteren Rängen und werden daher äußerst selten aus der Insolvenzmasse entlohnt.

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5. Neue Sektion „Dokumentation“ bei der Produzentenallianz gegründet

Knapp 20 mittelständische Produktionsunternehmen schlossen sich im September der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen an und gründeten die Sektion Dokumentation. Unter den Gründungsmitgliedern befinden sich Branchengrößen wie Spiegel TV Media, Gebrüder Beetz Filmproduktion, Focus TV Produktion, die Boomtown Media, u.a.m. Doch eine unabhängige Interessensvertretung deutscher Dokumentarfilmer gibt es bereits, nämlich die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG DOK). Was für einen Sinn hat also ein weiterer Verband, wo doch jedem der Beteiligten klar sein muss, dass zwei verschiedene Zusammenschlüsse für ein und dieselben Interessensgruppe immer die Gefahr bergen, sich angreifbar zu machen z.B. Sendern gegenüber. Denn die könnten versuchen, die Dokumentarfilmproduzenten der beiden Verbände gegeneinander auszuspielen und die Arbeitsbedingungen weiter zu verschlechtern. Doch die Vertreter des neuen und des alten Verbandes sind sich dieser Gefahr bewusst – und unternehmen alles, sie so gering wie möglich zu halten.

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6. Endlich eine Erfolgsmeldung: Der MDR hat eine neue Intendantin

Der MDR, die entfesselte Anstalt - schlimmer konnte es wirklich nicht kommen: KiKa-Affäre, Foht-Machenschaften, Bernd Hilder, der verhinderte Intendant, der die Zwei-Drittel-Mehrheit nicht bekam, Gerüchte im Spiegel um einen Mietskandal bei MDR-Immobilien und schließlich, Mitte Oktober, ein Auftritt des MDR-Fernsehballetts beim Geburtstag des skrupellosen tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow in Grosny. Da tut es gut zu erfahren, dass die Intendanten-Wahl beim MDR endlich mit einem positiven Ergebnis durchgeführt wurde: Prof. Dr. Karola Wille, die in der Wahl vom 23.10 gewählt wurde, ist also die neue Intendantin des MDR. Alle Hoffnungen, den Laden wieder auf Kurs zu bringen, ruhen nun auf einer Frau, die öffentlich bisher kaum in Erscheinung getreten ist. Wer ist Karola Wille?

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7. Meldungen

ver.di-Fernsehpreisverleihung

Am 22.10. fand die ver.di-Fernsehpreisverleihung in Lübeck in den media docks statt: Die diesjährige Auszeichnung ging an Robert Thalheim für das Drehbuch zum Film "Am Ende kommen Touristen" sowie an Aelrun Goette für die Regie bei "Keine Angst". Nach Meinung der Jury behandeln die beiden Filme zeit- und gesellschaftspolitische Stoffe unter Wahrung künstlerischer Gesichtspunkte.

Deutsche Kinobesucherzahlen im Plus

693,5 Mio. Euro konnten 2011 bislang eingespielt werden - 261,1 Mio. davon entfielen auf das dritte Quartal. Damit liegt man spürbar vor den beiden Vorjahren, die zu diesem Zeitpunkt im Jahr etwa Kopf an Kopf bei knapp 660 Mio. Euro lagen - das entspricht einem Plus von etwa fünf Prozent. Allerdings muss man auch anmerken, dass man mit bislang 91 Mio. abgesetzten Tickets erkennbar hinter 2009 herhinkt, wo nach den ersten neun Monaten bereits 110,2 Mio. Besucher gezählt wurden (im WM-Jahr 2010 waren es nach dem dritten Quartal 89 Mio. Zuschauer). Tatsächlich war das dritte Quartal schuld daran, dass der komfortable Vorsprung nach dem überragend guten zweiten Quartal wieder etwas geschrumpft ist: Sowohl 2010 als auch 2009 waren im dritten Quartal nach Umsatz und Besucherzahlen besser. Das ist letzten Endes dem überraschenden Spätsommerwetter im September geschuldet, das in erheblichem Maße dafür sorgte, dass die großen Septembertitel, wie etwa "Männerherzen ... und die ganz, ganz große Liebe" und "Wickie auf großer Fahrt" nicht ihr ganzes Potenzial entfalten konnten und nicht so stark liefen, wie man es in der Vorabbetrachtung von ihnen erwartet hatte.

Deutscher Fernseh-Gegenpreis

Schauspieler, Drehbuchautoren und andere Kreative der Filmbranche planen einen eigenen Fernseh- und Filmpreis. Sie sind stocksauer, dass beim „Deutschen Fernsehpreis“ fast alle personenbezogenen Auszeichnungen gestrichen wurden.
Schauspieler Michael Brandner, der auch dem Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler (BFFS) vorsteht, hält es für problematisch, wenn „diejenigen, die Produktionen beauftragen, sie anschließend mit Preisen versehen“. Ihm und seinen Mitstreitern schwebt nach dem Vorbild des „Emmy“ eine Deutsche Fernsehakademie vor, die unabhängig von den Anstalten über die Preise entscheidet. Brandner: „Wir müssen die Sender aus der Verantwortung nehmen, aus dem Fernsehpreis eine große Show zu machen, wenn ihnen die Aufgabe, einfach die Fernsehschaffenden zu ehren, als Grund nicht reicht.“

Dokumentarfilm und politische Intervention

Vom 10.-16.10.2011 findet im Kino Moviemento eine vollständige Werkschau mit den Filmen von Uli Stelzner und Thomas Walther statt, die über einen Zeitraum von 20 Jahren mit ihren Filmen maßgeblich den Demokratisierungsprozess in Guatemala beeinflusst haben. Guatemala ist seit Jahrzehnten von Militärdiktaturen, Bürgerkrieg, rassistischer Gewalt gegen die indigene Bevölkerung und von Straflosigkeit geprägt. Vor 20 Jahren begannen Uli Stelzner und Thomas Walther in dem Land Dokumentarfilme zu drehen, bis 2003 entstanden fünf gemeinsam, Uli Stelzner machte zwei weitere.
Die Filme haben in Guatemala viel bewegt. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Prozesses im Ringen um Meinungsfreiheit, Menschenrechte, Würde und Entkolonisierung. Dass sie hoch brisant sind und sensible Themen ansprechen, zeigte sich schon 1998 nach der Premiere von »Die Zivilisationsbringer«. Aus der Deutschen Gemeinde Guatemalas kamen Drohungen und der Film musste unter dem Schutz von UNO-Blauhelmen aufgeführt werden. Elf Jahre später, bei der Premiere von Uli Stelzners jüngstem Film »La Isla – Archive einer Tragödie« über das geheime Polizeiarchiv und Foltergefängnis, sollte eine Bombendrohung die Vorführung verhindern. Trotzdem ließen sich die vielen tausend Besucher nicht einschüchtern und alle Vorstellungen im Nationaltheater Guatemalas waren ausverkauft.

Die Werkschau verfolgt zwanzig Jahre engagierter und kontinuierlicher Arbeit, beschreibt wie Film intervenieren und verändern kann. Zu Beginn ihres Schaffens konnten die Bilder in Guatemala nur hinter verschlossenen Türen gezeigt werden. Zwanzig Jahre später gründet Uli Stelzner das erste Dokumentar- und Menschenrechtsfilmfestival mit dem Schwerpunkt "Erinnerung, Wahrheit, Gerechtigkeit." Es ist mit seinen beiden ersten Auflagen mit über 100.000 ZuschauerInnen zu einem bedeutenden öffentlichen Diskussionsforum avanciert.


8. Anmeldung/Impressum

Erscheinungsdatum: Der BFV-Newsletter erscheint grundsätzlich am Ende eines Kalendermonats. Aus Termingründen sind Verschiebungen des Versandes nicht auszuschließen. Wenn Sie den BFV-Newsletter kostenlos erhalten wollen, melden Sie sich bitte persönlich an unter http://www.connexx-av.de/publikationen_newsletter_bfv.php.

Bei Fragen, Anregungen oder Kritik erreichen Sie uns unter:
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Autor und Texter der Beiträge:
Christoph Brandl

Redaktion: Olaf Hofmann
Impressum und V.i.S.d.P.
Dieser Newsletter wird von Wille Bartz, Geschäftsführer connexx.av GmbH, dem Projekt der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, monatlich herausgegeben.
connexx.av GmbH
c/o ver.di LBZ Niedersachsen
Wille Bartz
Goseriede 10-12
30159 Hannover

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